Soziale Bewegungen und Organisationen

Künstler/-innenaustausch zwischen Leipzig und Kiew 2021

Das interdisziplinäre Austauschprogramm Leipzig-Kiew 2021 findet anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft Leipzig-Kiew statt.
Das Projekt wurde vom Referat Internationale Zusammenarbeit der Stadt Leipzig in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kulturzentrum Goethe-Institut in der Ukraine (Kiew) initiiert. Die Partner in Leipzig sind LIA – Leipzig International Art Programme und Бükü – dem Büro für kulturelle Übersetzungen, in Kiew – Open Place und Method Fund. Das Residenzprogramm ist ein Teil der Diskussionsplattform “Geschwisterträume”, die im Rahmen des Programms «Die Kultur für den Wandel” durch die Ukrainische Kulturstiftung (Kiew) und die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ (Berlin) gefördert wird.

 

Kontext, Zeitraum, was die Residenzen in Leipzig und Kiew anbieten

Der Künstler/-innenaufenthalt in Kiew findet vom 1. bis 30. September 2021 in der Residenz „Open place“ und in Leipzig vom 1. bis 31. Oktober 2021 im LIA – Leipzig International Art Programme auf dem Gelände der ehemaligen Baumwollspinnerei statt. Das Thema des Austauschs ist „Soziale Bewegungen und Organisationen“.
Im Rahmen der Leipziger Künstler/-innenresidenz werden die Kosten für das Wohn- und Arbeitsatelier übernommen; der/die Künstler/-in erhält ein Stipendium in Höhe vom 750,00 € und die Erstattung der Reisekosten (einschließlich PCR-Tests und Versicherung). Für die Kiewer Residenz werden die Unterkunft und das Arbeitsatelier von der Plattform „Open place“ zur Verfügung gestellt; der/die Künstler/-in erhält ebenfalls ein Stipendium in
Höhe von 750,00 € und die Erstattung der Reisekosten (einschließlich PCR-Tests und Versicherung). Beide Aufenthalte werden kuratorisch begleitet und es gibt ein Produktionsbudget für die Präsentation der Arbeiten vor Ort.

Partnerstädte Kiew und Leipzig: Verbindungslinien und Zusammenhänge

Die Partnerschaft zwischen Leipzig und Kiew zeichnet sich bis heute durch dynamische, kreative und innovative Beziehungen und eine jahrzehntelange eng verbundene Zusammenarbeit aus. Beide Städte haben massive Umbruchphasen erlebt und über 60 Jahre und alle politischen Systeme hinweg immer wieder Menschen zusammengebracht und den Austausch untereinander gefördert. In Leipzig gibt es seit langem eine aktive ukrainische Diaspora und vielfältige deutsch-ukrainische Beziehungen, auch in Kiew ist die deutsche Diaspora aktiv und es gibt viele Unterstützer/-innen der Leipzig-Kiew-Aktivitäten.

Inhaltliche Schwerpunkte in den Künstler/-innenresidenzen in Leipzig und Kiew

Der/die Künstler/-in aus Kiew präsentiert die Ergebnisse seiner/ihrer Residenz digital im Rahmen des Projektes “Eine neue Bewegung: re*mapping Leipzig”, das sich mit den historischen und aktuellen Frauenbewegungen in Leipzig beschäftigt. Nach Abschluss der Residenz wird die Forschungsarbeit des/der Leipziger Künstlers/-in auf der virtuellen Plattform CreatingRuin.Net veröffentlicht.

Für Leipzig:

Leipzig war ein wichtiges Zentrum für die Entstehung neuer Formen von politischen Vereinigungen und Organisationen im 19. Jahrhundert. Recht bekannt ist die Tatsache, dass die erste deutschlandweite Frauenvereinigung – der Allgemeine Deutsche Frauenverein – im Jahre 1865 durch Louise Otto-Peters, Auguste Schmidt und Henriette Goldschmidt in Leipzig gegründet wurde; jedoch gibt es nur wenige Informationen über die Zeit davor bis zur bedeutenden Gründung des Vereins. “Eine neue Bewegung: re*mapping Leipzig” ist ein Projekt, das sich im digitalen Raum mit der Geschichte, Gegenwart und (Un-)Sichtbarkeit der Frauen*bewegungen sowie FLINTA*Geschichten („Frauen, Lesben, inter-, nicht-binäre, trans- und agender“ Personen) in Leipzig beschäftigt. Mit partizipativen künstlerischen und ortsspezifischen Interventionen und Performances sowie „Augmented Reality“-Schnittstellen im urbanen Raum und einer App mit Stadtplan- und Stadtrundgangsfunktion sollen gesellschaftliche Strukturen und vergessene Geschichte sichtbar gemacht werden.

Für Kiew:

Soziale Bewegungen und Organisationen bleiben nach wie vor ebenfalls formende Faktoren der heutigen Ukraine. In der Vergangenheit wurden Basisbewegungen in Kunst, Verbänden und Gewerkschaften durch das staatliche Organisationssystem, die Sowjetunion, zentralisiert und in Kiew als Hauptstadt konzentriert. Ungeachtet der Änderungen und starker lokaler Initiativen, bestimmen immer noch Prinzipien eines zentralisierten Systems die kulturelle Infrastruktur in der heutigen Ukraine. Der Fokus liegt daher auf der Auseinandersetzung mit der gemeinsamen sozialistischen Vergangenheit der Ukraine und der DDR, um diverse Kulturerscheinungen aus dieser Vergangenheit für die Gegenwart umzudenken. Zusätzlich soll thematisiert werden, wie Basisinitiativen und Organisationen derzeit die zentralisierte Infrastruktur im kulturellen Bereich sowie offene und verdeckte Handlungen der Staatsmacht, die Zensur und Selbstzensur provozieren, herausfordern können.

Der/die ausgewählte Künstler/-in aus Leipzig wird wiederum eingeladen, einen Beitrag für die online-Plattform CreatingRuin.net in Kiew zu schaffen. „Creating Ruin“ ist eine Sammlung von Werken, geschaffen durch Künstler/-innen und Forscher/-innen, die sich mit Fragestellungen zur Vergangenheit auseinandersetzen und diese als Teil eines ruinierten kulturellen Gedächtnisses wahrnehmen. „Creating Ruin“ ist die Sammlung von authentischem und nachgestelltem Material, das gleichzeitig eine Reflexion des Sammelns selbst und des Lesens der Kulturarchive darstellt. „Creating Ruin“ animiert zu einer Diskussion über den Zusammenhang zwischen schöpferischer Tätigkeit und Gewalt – über die Gleichzeitigkeit von Rekonstruktion und Konstruktion der Vergangenheit und der Moderne.

Information über die Künstler/-innenresidenz in Leipzig

LIA-Leipzig International Art Programme (www.LIAp.eu) ist eine nicht kommerzielle Künstlerresidenz auf der ehemaligen Baumwollspinnerei Leipzig (www.Spinnerei.de), die heute ein Kulturareal ist. Auf dem ca. 10 Hektar großen Gelände sind über 100 Kunstateliers, Galerien und Künstler/-inneninstitutionen untergebracht. Die Spinnerei bietet Raum für Experimente und Bildungsprogramme für internationale und lokale Künstler/-innen. Das LIA ist eine seit 13 Jahren tätige Künstler/-innenresidenz, die bis zu fünf Künstler/-innen gleichzeitig aufnehmen kann. Die Programm-Philosophie besteht in der Generierung schöpferischer Impulse als Ergebnis des Austauschs von Ideen, Fertigkeiten und künstlerischen Traditionen in Zusammenarbeit mit der Künstler/-innengemeinschaft. Das LIA bietet seinen Residenzkünstlern/-innen einen Weg aus der Komfortzone hin zu neuen Perspektiven. Der internationale Austausch erzeugt neue Denkarten und provoziert zu Experimenten, fördert die Toleranz und neue Ansätze beim Betrachten von konventionellen Dingen. Zu den Kooperationspartnern des Programms gehören das Atelier für Radierung, das Deutsche Hygiene Museum, die [KR9] Philharmonie Leipzig sowie das GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig.

Informationen zur Künstler/-innenresidenz in Kiew

Die Künstler/-innenresidenz ist ein wichtiger Teil der Plattform für interdisziplinäre Praktiken „Open place“ (https://openplace.com.ua/). Seit dem Jahr 2004 nahmen mehr als 50 internationale Forscher/-innen, Künstler/-innen und Kuratoren/-innen aus Österreich, Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Dänemark, Georgien, Großbritannien, Kasachstan, Kirgisistan, Moldowa, den Niederlanden, Polen, aus der Slowakei, der Schweiz, Tadschikistan, der Ukraine, den USA und Usbekistan an den Residenzprogrammen teil. „Open place“ fördert interdisziplinäre Projekte, die Erweiterung der Vorstellungen über die Kunst als solche und hat die Heranführung an kreative Prozesse zum Ziel. „Open place“ vereinigt Erfahrungen ukrainischer und ausländischer Kolleg/-innen bei der Arbeit mit öffentlichen Räumen sowie bei der praktischen Anwerbung und bei der Entwicklung neuer Strategien zur Gewinnung neuer sozialer Gruppen. Das Ziel der Residenz ist der Austausch von Kenntnissen und praktischer Erfahrungen, das Kennenlernen von spezifischen lokalen Kontexten und die Entwicklung neuer Methoden im Bereich sozial engagierter Kunst. „Open place“ ist offen für Ideen und Praktiken von Residenzkünstler/-innen. Es fördert seinerseits die Künstler/-innen bei ihren Forschungen lokaler Kontexte und bei der Anknüpfung von Kontakten mit örtlichen künstlerischen und wissenschaftlichen Gemeinschaften. Potentielle Residenzkünstler/-innen können eigene Themen für Vorträge, Präsentationen, Diskussionen, Workshops vorschlagen oder Ideen für die Zusammenarbeit mit Gemeinschaften eruieren.

Zusammensetzung der Jury

Yuliya Kostereva, Direktorin der Plattform für interdisziplinäre Praktiken „Open place“ (Kiew), Fabian Mühlthaler, Leiter des Goethe-Instituts Ukraine und Olena Lykhovodova, Koordinatorin für Kulturprojekte und die Öffentlichkeitsarbeit beim Goethe-Institut Ukraine, Lada Nakonechna, Künstlerin und Mitbegründerin des Method Fund (Kiew), Anna-Louise Rolland, Direktorin des LIA-Leipzig International Art Programme, Kristina Semenova, Referentin für Mittel- und Osteuropa bei der Stadt Leipzig/Referat Internationale Zusammenarbeit.

Zur Teilnahme am Wettbewerb sind Künstlerinnen und Künstler aus Kiew und Leipzig (ab 21 Jahren) eingeladen, deren künstlerische Praxis auf der Erforschung (post-)sozialistischer Erfahrung und/oder des Feminismus basiert. Bewerbungssprache: Deutsch oder Englisch.

Zum Antragsformular fügen Sie bitte folgendes bei:

• Curriculum Vitae + Foto;
• Vier Beispiele Ihrer künstlerischen Arbeit mit Beschreibung (sofern vorhanden), die mit dem Thema «Soziale Bewegungen und Organisationen» korrelieren (PDF oder Präsentation, bis 1 MB);
• Motivationsschreiben in beliebiger Form (PDF, bis zu 3000 Zeichen) oder in Form von Antworten auf Fragen im Bewerbungsformular: Wie korreliert Ihre künstlerische Praxis mit dem Thema der Residenz? (PDF, bis zu 1500 Zeichen) Was planen Sie umzusetzen / was möchten Sie während Ihres Aufenthalts in der Residenz sehen / lernen / mit wem sich treffen? (PDF, bis 1500 Zeichen)

Senden Sie alle Unterlagen mit dem Antragsformular, das unter diesem Link abgerufen werden kann: https://forms.gle/AGdVJDqu4nv3YUvK9

Bewerbungsschluss ist der 21. Juli. Die Ergebnisse der offenen Ausschreibung werden nach dem 6. August bekannt gegeben.

Kontaktpersonen:
Anna Grinkewitsch (ukrainische Projektkoordinatorin): methodfund@gmail.com
Nicolò Brezza (deutscher Projektkoordinator): art@LIAp.eu